Statt Web ’n‘ Wolle gibt es heute einen Artikel zum Thema eLearning für euch. Im Verlauf der letzten Woche veröffentlichte Pink University auf ihrem Blog einen Beitrag zu einem Interview mit Josef Kraus, dem Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Dieser äußerte sich in einem Gespräch mit Deutschlandradio Kultur zur Digitalisierung des Unterrichts. Das vollständige Interview könnt ihr hier nachlesen oder euch anhören. Darin stellt Josef Kraus einige diskussions- und fragwürdige Thesen auf. Dieser Meinung war auch Pink University und so starteten sie eine kleine Umfrage. Daraus veröffentlichten sie die Stellungnahmen von vier namenhaften Experten aus dem Bereich des digitalen Lernens. Birte Rudolph, Prof. Dr. Gunter Dueck, Dr. Martin Lindner und Dr. Roland Riempp beleuchten Josef Kraus‘ Thesen aus unterschiedlichen Perspektiven.
Danke u.a. an @wilddueck und @martinlindner für ihre interessanten Widerreden zum Thema „#Zwangsdigitalisierung„: http://t.co/DwdbT6PR3n
— Pink University (@Pink_University) 13. März 2015
Alle vier Einschätzungen sind äußerst lesenswert und regen zwangsläufig zur eigenen Stellungnahme an. Auch wenn ich keinen aktuellen beruflichen oder privaten Bezug zum deutschen Schulsystem habe, so ist es dennoch ein Thema, das mich als Personalentwicklerin unmittelbar betrifft. Denn in der Schule lernen die Studenten, Azubis und Mitarbeiter von morgen. Aus diesem Grund reihe ich mich in die Expertengruppe ein und gebe Stellungnahme Nr. 5 ab.
Maria Süß, eLearning Spezialistin bei der KPMG AG
Zur Warnung vor einer „Computerisierung des Klassenzimmers“ und einer „totalen Zwangsdigitalisierung“:
Wie kann Herr Kraus von einer „totalen Zwangsdigitalisierung“ sprechen, wenn das deutsche Schulsystem noch nicht einmal annähernd digitalisiert ist? An allen Ecken und Enden kämpfen engagierte Lehrer und Bildungswissenschaftler für den längst überfälligen Einzug der medialen Alltagswelt von Schülern und Lehrern in die Institution Schule. Die technischen Ausstattungen, die Fokussierung digitaler Kompetenzen und der Einsatz neuer Medien im Unterricht sind deutschlandweit weder standardisiert noch werden sie flächendeckend gefördert. Einzelne Schulen stechen beispielhaft heraus und verdanken dies zumeist engagierten und aufgeklärten Direktoren, Lehrern und Eltern. Das Phänomen der Problematisierung ist natürlicher Bestandteil eines jeden Veränderungsprozesses und begegnet mir bei meiner Arbeit fast täglich. eLearning wird oft zunächst als Bedrohung gesehen, mit der Präsenzschulungen vollständig ersetzt werden sollen. Dabei geht es beim Einsatz von eLearning vielmehr um eine sinnvolle und gezielte Ergänzung des Trainingscurriculums. Ähnlich verhält es sich hier: Herr Kraus sieht die Digitalisierung rein als Bedrohung, anstatt sich auf die neuen Möglichkeiten und Verbesserungen einzulassen, die der gezielte Einsatz neuer Medien im Unterricht mit sich bringt.
Zur These: „Keine Orientierung im Internet ohne das Wissen, wie eine Bibliothek funktioniert“:
Beides ist wichtig, aber beides hängt nicht voneinander ab. Das Internet ist fester Bestandteil der medialen Alltagswelt heutiger und zuküntiger Schüler. Daher ist es um so wichtiger, dass die Förderung digitaler Kompetenzen, wie z.B. das Finden, Interpretieren, Evaluieren, Managen und Teilen von Informationen im Web, fester und regelmäßiger Bestandteil des Unterrichts werden. Die Frage, ob das Internet von Schülern zum Lernen genutzt wird, stellt sich nicht mehr. Vielmehr sollte der Fokus auf das Wie und das Wofür gerichtet werden.
Zur These: Aufklärung über Sicherheit im Internet und das Lehren von Mediennutzungs-Kompetenz muss nicht im Regelunterricht geschehen:
Doch, dass muss es! Denn das Internet gehört zum Alltag von Schülern und Lehrern. Um so wichtiger ist es, digitale Kompetenzen regelmäßig und fortwährend im Unterricht zu thematisieren und zu stärken. Das ist die Basis für einen verantwortungsvollen Umgang mit persönlichen Daten und frei verfügbaren Informationen in einer digitalen Welt.
Wie eingangs erwähnt, verstehe ich mich vielmehr als Expertin für die digitale Erwachsenenbildung und weniger für die schulische Bildung. Ähnlich steht es um die anderen vier Experten. Umso mehr interessiert mich eine Einschätzung von Lehrern und anderen Experten direkt aus dem schulischen Bereich zu Josef Kraus‘ Aussagen. Und natürlich interessiert mich eure Meinung zum Thema. Teilt mir eure Gedanken dazu in den Kommentaren mit.
2 Gedanken zu „#digitalisiert im Unterricht: Warum uns keine “Zwangsdigitalisierung”droht!“